Das Kaiseroratorium – die Hauskapelle der Salvatorianer-Kommunität
Schon oft haben wir in der Vergangenheit über verborgene Räume in St. Michael berichtet, wie z.B. über das Barnabiten-Archiv. Hier wollen wir über das so genannte „Kaiseroratorium“ berichten.
Es befindet sich links oberhalb des Chorraumes bzw. des Hochaltares und war dem kaiserlichen Besuch vorbehalten. Ein getrennter Aufgang machte es dem kaiserlichen Besucher möglich, ungesehen in diesen Raum zu gelangen und dem Gottesdienst beizuwohnen.
Das Kaiseroratorium wurde 1669 errichtet und später hochbarock bzw. spätbarock verändert. Am Gang des zweiten Obergeschosses des Kolleggebäudes der Barnabiten bzw. heute Salvatorianer befindet sich ein Steinportal aus dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts mit Lisenenrahmung (von französisch „lisière“: Rand) und einem gebogenen Giebelaufsatz auf Konsolen und Muscheldekor im Sturzfeld. Die kassettierte Holztür mit originalen Beschlägen stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Durch dieses Portal gelangt man durch einen leicht geknickten Vorraum mit einem großen Fenster zum Chor von St. Michael in einen querovalen, stuckmarmorverzierten Annexraum (lat. „annex“: Anhang, Anbau) als eigentliches, in den Chor der Kirche vorragenden Oratorium, ebenfalls aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
In einer rundbogigen Kaminnische des mit Sternparkettboden ausgelegten Kaiseroratoriums steht ein weißer Empirekachelofen aus dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Den Raum beherrscht ein Retabelaltar (lat. „retabel“: Altaraufsatz über der Mensa = Altarplatte) aus dunklem Holz aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, gerahmt von Voluten und vergoldeten Engelsskulpturen.
Das Altarbild „Mariahilf“ – eine barocke Kopie mit plastisch vergoldeten Kronen – wird von einem gesprengten, gebogenen Giebel mit vergoldeter Krone bekrönt.
Auf dem Altar befindet sich ein versilbertes Vorsatzkreuz ebenfalls aus der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Kommunität der Salvatorianer findet sich täglich im Oratorium zum Gebet ein.
Aus den „Konstitutionen der Gesellschaft des Göttlichen Heilandes“ (Rom, 2006, Nr. 505)
Jesus hat uns durch sein Beispiel und seine Lehre eindringlich zum Gebet aufgerufen. Unser Gründer hat uns gemahnt, Männer des Gebetes zu sein. Daher legen wir großen Wert auf das Gebet. Zu unserem persönlichen und gemeinschaftlichen Beten gehören die tägliche Betrachtung und jene Gebetsformen, die jede Provinz und Gemeinschaft als hilfreich für sich auswählt. Wo immer es möglich ist, betet die Gemeinschaft einen Teil des kirchlichen Stundengebets gemeinsam.
Dieser Text ist veröffentlicht in Michaeler Blätter, Nr. 29, November 2013, S. 8 f.